„ES GEHT VIELES DIGITAL, GEMEINSAM BERGSTEIGEN ABER NICHT!“
VERBANDSTRENDS 2021: Wie Verbände die Corona-Pandemie nicht nur verarbeiten, sondern erfolgreich nutzen
„Wichtig ist, einfach mal zu machen. Gerade bei den neuen Online-Formaten muss nicht alles von Anfang an perfekt sein. Was allerdings nicht geht, ist, einfach das Präsenzformat ins Netz zu übertragen. Online-Angebote müssen selbstständig und neu gedacht werden.“ – Was Susanne Müller, Geschäftsführerin des Bundesverbandes MVZ e. V. formuliert, gilt wohl so ziemlich für alle Verbände: Mutiges Vorangehen ist gefordert.
Gerade in so herausfordernden Zeiten wie der Corona-Pandemie agieren Verbände als wichtiger Anker für Stabilität in ihrer jeweiligen Branche. „Gemeinsam haben wir – Mitglieder, Ehrenamt und Hauptamt – eine der größten gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Krisen der letzten Jahrzehnte erfolgreich überstanden“, sagt Michael Steinmetz, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Aktuarvereinigung. Seine Diagnose, dass Corona die internen Veränderungsprozesse nicht verlangsamt oder angehalten, sondern im Gegenteil sehr dynamisch beschleunigt hat, durchzieht viele der diesjährigen Antworten von Geschäftsführerinnen und Geschäftsführern der befragten DGVM-Mitgliedsverbände.
Noch vor zwölf Monaten wurden die Herausforderungen in den DGVM-Mitgliedsverbänden in klassischen Bereichen der Verbandsarbeit gesehen – Profilschärfung, Mitgliederbindung, Kommunikation – und der Digitalisierung. Dass die Verbände durch Corona in kürzester Zeit zu drastischem Handeln auf vielen Ebenen gezwungen sein würden, ahnte damals niemand.
Die 5 Top-Trends im Verbandsmanagement 2021
In den Geschäftsstellen hat COVID-19 die Digitalisierung beflügelt: Gremien und Arbeitskreise laufen auch digital erfolgreich – und die Arbeit im Homeoffice funktioniert. Doch: Für Konferenzen und Kongresse hieß es noch im Frühjahr 2020: „Wir verschieben auf 2021.“ Nun wird klar, dass es mit einer Verschiebung wohl nicht getan ist. Und jetzt? Der Ausbau digitaler Angebote für Aus- und Weiterbildung, Veranstaltungen und Konferenzen schaffte es auf Anhieb auf Platz 2 der Top-Trends 2021. Das zeigt die große Herausforderung, aber auch das Potenzial.
„Ohne Corona hätten wir den derzeitigen technischen und organisatorischen Stand und die Überarbeitung der direkten Mitgliederkommunikation vermutlich erst 2025 erreicht“, fasst Johann Quatmann, Hauptgeschäftsführer der Tischler NRW, die positiven Aspekte des letzten Jahres zusammen.
Und auch Dr. Holger Mühlbauer, Geschäftsführer beim Bundesverband IT-Sicherheit e. V. (TeleTrusT), nennt den Veränderungsdruck im letzten Jahr als Grund für eine fast schon explosionsartige Verbesserung: „Der Verband ist während der ‚Corona-Zeit‘ weitergewachsen, was sicher auch damit zusammenhängt, dass das Verbandsthema IT-Sicherheit durch die fortschreitende Digitalisierung eine Aufwertung erfährt.“ Doch nicht nur Verbände in den „Digital-Branchen“ haben eine massive Aufwertung ihrer Rolle für die Branche erfahren.
Und doch steht bei vielen Verbänden auch in diesem Jahr ein Ausgleich zwischen Neuem und Bewährtem im Mittelpunkt ihrer Arbeit.
Für einen überwiegenden Teil der befragten Verbandsmanager sind die Top-5-Trends in diesem Jahr:
- Chancen der digitalen Transformation für den Verband nutzen (letztes Jahr: 2.)
- Ausbau digitaler Angebote für Aus- und Weiterbildung/Veranstaltungen/Konferenzen (Neueinstieg)
- Profil des Verbandes schärfen (Marke/Image schärfen und ausbauen (letztes Jahr: 1.)
- Presse- und Öffentlichkeitsarbeit neu denken, verstärkt soziale Medien einsetzen (letztes Jahr: 3.)
- Mitgliederkommunikation intensivieren (letztes Jahr: 4.)
„Wir haben die Krise genutzt, um unseren Mitgliedern durch eine Vielzahl von Onlineveranstaltungen die Bedeutung des Verbandes gerade in der Krise zu verdeutlichen. Wir haben in der Krise – durch die Krise – mehr bewegt als die Jahre zuvor“, bringt Volker Thum, Hauptgeschäftsführer vom Verband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie, die Top 5 der Verbandstrends auf den Punkt.
Was sind die Herausforderungen im Verbandsjahrs 2021?
Es steht außer Frage, dass es eine simple „Vor-Corona-Normalität“ sicherlich in keinem Verband geben wird. Doch auch wenn viele von durchaus positiven Änderungen in der Verbandsarbeit berichten –
etwa von neuen digitalen Angeboten für die Mitglieder, durch die man auch andere Personenkreise erreicht –, hat sich die Verbandsarbeit dadurch weiter dynamisiert: Verteiltes, ortsunabhängiges Arbeiten ist nicht mehr nur beim Ehrenamt gefragt, sondern auch bei den hauptamtlichen Beschäftigten in den Verbänden zur Normalität geworden. Dabei verwundert es kaum, dass Verbände als sehr breit aufgestellte Organisationen mit den Anpassungsprozessen in der Gesamtschau sehr gut zurechtkommen. Ja, teilweise sogar profitieren. „Die Corona-Pandemie hat unseren angestoßenen Strukturreformprozess positiv beeinflusst und Entscheidungen erleichtert. Wir sind in Rekordzeit ins digitale Zeitalter katapultiert worden“, beschreibt Daniel Schneider, Hauptgeschäftsführer Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks, stellvertretend für viele weitere Verbände, den Corona-Schub für die Verbandsentwicklung.
Corona hat die Welt der Verbände und die Steuerung eines Verbandes noch mal komplexer und herausfordernder gemacht. Doch gleichzeitig auch die bestehenden Entwicklungen, wie oben gezeigt, deutlich beschleunigt: Der Druck zur stärkeren Digitalisierung der Arbeit und Kommunikation, aber auch die notwendige Anpassung der klassischen Verbandsstrukturen und Satzungen finden mehr und mehr zusammen.
„Wir planen – wie auch schon im Jahr 2020 – deutlich mehr Kontakte zu Mitgliedern und Multiplikatoren mit digitalen Mitteln. Digital muss sich vom „Corona-Notnagel“ zum Premiumprodukt weiterentwickeln“, fordert Dr. Christoph Münzer von der wvib Schwarzwald AG für seinen Verband. Er formuliert das aber auch als Anspruch an die Verbandswelt. Die eigene Organisation so erfolgreich aufzustellen, ist kein Selbstzweck, wie Christian Götsch, Geschäftsführer Swinging World, hervorhebt: „Möglichst vielen Mitgliedern das Überleben zu sichern“, sei eben auch das Ziel der eigenen Verbandsarbeit. Für Götsch und seinen Verband ergibt sich daraus als wesentliche Herausforderung „zielgerichtete und wissensbasierte Lobbyarbeit an geeigneter Stelle mit dem Ziel, die Bedeutung unseres Verbandes klarer herauszustellen, als das bisher der Fall ist“.
Wie verschaffen sich Verbände zur Bundestagswahl Gehör?
Der Bundestagswahlkampf 2021 sowie alle weiteren Landtagswahlkämpfe werden sich in diesem Jahr anders gestalten als in der Vergangenheit. Mit diesem Wissen starten die befragten DGVM-Mitgliedsverbände in das Superwahljahr 2021. „Im Bundestags-Wahljahr werden wir verdeutlichen, dass wir Deutschland als Investitions- und Innovationsstandort wieder deutlich stärken müssen, um die Rückschläge der Corona-Krise zu überwinden. Wir brauchen wieder mehr Raum für unternehmerische Freiheit und für Wettbewerb auf den Märkten. Denn es sind die marktwirtschaftlichen Prinzipien, die bei der Corona-Überwindung geholfen haben“, fordert Dirk Meyer, Hauptgeschäftsführer vom Arbeitgeberverband Chemie und verwandte Industrien für das Land Hessen (HessenChemie), für die Zeit nach der Wahl.
Alexander Wiech, Mitglied der Bundesgeschäftsführung Haus & Grund Deutschland, fasst für seinen Verband zusammen: „Mithilfe der Digitalisierung wollen wir die Kampagnenfähigkeit des Verbandes verbessern. Im Bundestags-Wahljahr werden wir uns für die Anliegen unserer Mitglieder durch gezielte Kommunikation gegenüber der Öffentlichkeit und der Politik Gehör verschaffen.“
Selbst wenn bei zukünftigen Präsenztreffen ein echter Mehrwert im persönlichen Kontakt erkennbar sein muss, sehnen sich Verbände und Mitglieder nach direktem Austausch. „Man merkt deutlich den Wunsch unserer Mitglieder, sich endlich wieder persönlich treffen zu können.“ Diese Aussage von Dr. Elmar Witten, Geschäftsführer der AVK – Industrievereinigung Verstärkte Kunststoffe, ist stellvertretend für viele DGVM-Mitglieder. „Es geht vieles digital, gemeinsam bergsteigen aber nicht!“, bilanziert Andreas Mohr von der Sektion Oberland des Deutschen Alpenvereins. „Mobile- oder Homeoffice sind inzwischen mehr als Schlagworte mit einem Anwurf der Moderne. Wir haben unseren vorpandemischen Ansatz des mobilen Arbeitens von zu Hause und unterwegs auf unsere Gremien und die gesamte Servicestelle übertragen und sind damit so erfolgreich wie glücklich. Ebenso haben wir gelernt, digitale Veranstaltungsformate zu entwickeln, die wir sofort umsetzen konnten. Aktuell harren wir darauf, hybride Veranstaltungen in der Praxis ans Laufen zu bringen. Für uns bedeutet ‚hybrid‘ hier, die Theorieinhalte digital, die Praxis hingegen vor Ort zu vermitteln.“ Sicherlich Schritte, die auch viele andere Verbände in der nahen Zukunft für sich entdecken werden.
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